Egal, wo man mit dem Baldiso One auftaucht: Neugierige Blicke sind garantiert. Selbst in der ROADBIKE-Mannschaft, die ja durchaus einiges gewöhnt ist, sorgt der Bolide für Aufsehen.
Aber klar, mit seinem neuen Edelrenner schlägt Baldiso aus dem Allgäu völlig neue Wege ein. "Wir haben schlicht und einfach keinen Sinn darin gesehen, das x-te ähnliche Rennrad zu entwickeln und zu behaupten, es sei noch aerodynamischer und leichter als das Vorgängermodell", sagt Sebastian Baldauf, ehemaliger Radprofi und Gründer von Baldiso Bikes. "Der treibende Gedanke war, ein Rennrad auf den Markt zu bringen, das sich optisch klar von anderen ,Standard-Rennrädern‘ abhebt, technisch aber trotzdem auf einem sehr hohen Niveau rangiert."
Der offensichtliche Verzicht auf ein Sitzrohr sei dabei nicht einmal die eigentliche Besonderheit, betont Entwickler Simon Bühler: "Statt klassisch einzelne Rohre an Knotenpunkten zu verbinden, basiert die Rahmenkonstruktion auf einem einzigen, durchgängigen Netzwerk aus verbundenen Linien – sogenannten Splines. Dadurch entstehen fließende Übergänge ohne klassische Radien, was eine besonders organische und harmonische Form ermöglicht." Form und Funktion sollen so in absolutem Einklang stehen.
Wer das Baldiso indes auf seine Optik reduziert oder darin ein reines Designobjekt für den Sockel oder die Wohnzimmerwand sieht, wird ihm nicht gerecht: Das One ist ein Rennrad, das gefahren werden will. Vom ersten Meter im Sattel beeindruckt es mit seinem starken Vortrieb, Tempo hält es mit Leichtigkeit. Kein Wunder, bringt das Komplettrad doch weniger als sieben Kilo auf die Waage. Die edlen Partington-Laufräder machen ihm zusätzlich Beine, lassen das One nur so über die Straße fliegen. Die Übersetzung ist ebenfalls auf Tempo getrimmt, Baldiso schickt das One mit nur einem Kettenblatt mit 50 Zähnen in den Test. Hinten wird das mit einer breit gestuften 10–46er-Kassette aufgefangen, sodass es sich mit dem One auch passabel klettern lässt. Aufgrund der sportlichen Sitzgeometrie und einem voll auf Aero getrimmten Rahmen macht das One beim Tempobolzen in der Ebene allerdings viel mehr Spaß. Geht es mit Kraft in steile Anstiege, beweist die ungewöhnliche Rahmenform, dass die eingesetzte Leistung verlustfrei auf der Straße ankommt. In Sachen Handling sortiert sich das One dank kurzer Kettenstreben und knappem Radstand auf der agil-wendigen Seite ein, erst bei höherem Tempo stellt sich durch die hohen Felgen etwas mehr Laufruhe ein.

Nichts wurde dem Zufall überlassen: die Flaschenhalter am Baldiso.
Passend zum sehr sportlichen Ansatz ist der Komfort wenig ausgeprägt, das One gibt ein sehr direktes Feedback von der Straße. Wenn gewünscht, ließe sich mit breiteren Reifen (bis zu 32 mm sind möglich) etwas mehr Dämpfung herausholen.
Gut zu wissen: Endkunden können sich das auf 1500 Stück limitierte One nach Wunsch konfigurieren lassen – optisch und bei der Ausstattung. Auch eine Zweifach-Kurbel ist möglich. Dafür bietet Baldiso den gleichen Rahmen mit einem kleinen Flügel im Tretlagerbereich an, an dem sich der Umwerfer befestigen lässt. Was mangels Unterrohr fehlt, ist ein zweiter Flaschenhalter – wie bei einem echten Sportwagen sind regelmäßige Tankstopps deshalb unverzichtbar. Außerdem limitiert die Konstruktion mit Sitzdom und kurzer Sattelstütze den Verstellbereich der Sitzhöhe auf rund fünf Zentimeter. Den insgesamt sehr guten Gesamteindruck kann das indes nicht trüben.
Der extrem hohe Preis macht das Baldiso One dagegen zu einem sehr exklusiven Vergnügen: Kompletträder gibt’s ab 13 630 Euro, für das Rahmen-Set allein ruft der Hersteller stolze 8740 Euro auf.
Das gefällt 👍
Mit dem One beschreitet Baldiso einen mutigen Weg und bringt einen absoluten Hingucker auf die Straße.
Das weniger 👎
Die nach oben gerichtete Schraube für die Sattelklemmung ist schlecht zugänglich, das Heck recht hart.
Das perfekte Rad für...
... alle, die das Außergewöhnliche, sehr Exklusive suchen und trotzdem ein Rennrad möchten, das nicht nur optisch viel zu bieten hat, sondern auch auf der Straße überzeugt.
*Größe M, ohne Pedale